Donnerstag, 18. Februar 2010

Mein Umzug in die Schweiz war das non plus ultra der Umzüge für mich, im negativen Sinn.
Man nehme ein Haus, voll gestopft bis oben hin, eine Tochter und drei Katzen, miste aus und sortiere vor, reisse die Gemeinschaft und Habe in Stücke, transportiere einen Teil in eine kleine Wohnung (innerhalb Deutschland) und einen sehr grossen Teil in ein Haus in der Schweiz (mit offiziellem Einfuhrprozedere, wie sonst).
Was übrig bleibt, werfe man weg. Ausser dem Haus natürlich. Das übergebe man ordnungsgemäss an die Käufer.
Puh! Ein Kraftakt! Hat ca. 1 1/2 Monate gebraucht, alles in Allem, vollzeit. Darin ist das Vor-vorsortieren einige Monate zuvor nicht eingerechnet.
Ergebnis: Eine kleine Wohnung mit meiner Tochter und ihrer Katze. Ein grosses Haus mit meinem Partner (der war schon einige Monate da), mit mir und noch einer Katze. Fehlt was? Genau, eine Katze fehlt. Und das seit über einem Jahr. Der alte Kater wollte partout nicht umziehen und ist postwendend wieder ausgezogen und auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Ich bin sehr traurig darüber.
Aber sonst bin ich froh, das doch alles einigermassen gut hinter mich gebracht zu haben.
Nur, der Umzug alleine macht es ja nicht. Versicherungen mussten gekündigt, geteilt, neu beantragt werden. Autos mussten umgemeldet werden, meins dazu natürlich noch importiert. Und, und, und.... und die Deutsche Telekom .... Aber das ist eine andere Geschichte!
Aber irgendwann geht alles vorbei. Zum Glück auch ein Brachialumzug! Nur die Erinnerung bleibt. (Oh, wie theatralisch!)
Da war zum Beispiel der Import meines Hausrats und das Passieren der Grenze. Kleiner LKW und noch einer mit Anhänger, alles gut gefüllt. Ich hatte einen Spediteur beauftragt. Was der natürlich nicht wusste, weil das Angebot gemäss meiner Angaben und nicht nach Augenschein gemacht wurde: Ich bin ein Büchernarr. Bücher, ich liebe Bücher. Und ich habe jede Menge davon. Also, Transporter voll UND schwer! Und dann gab es da einen eifrigen Zöllner, der, statt uns durchzuwinken, uns zur Waage dirigiert hat. Super! Erster LKW, zu schwer. Zweiter LKW, zu schwer. Anhänger, zu schwer. Ganz toll! Kein Weiterkommen. Der Zöllner rief die Grenzpolizei. Die Chauffeurin und Chefin der Möbelpacker tobte, drohte per Handy dem Chef mit Kündigung. Zwei Grenzpolizisten kamen und nahmen alles in Augenschein. Erstes Statement: Weiterfahren ist nicht. Zweites Statement: Ein zusätzlicher LKW muss her. Drittes Statement, nach langem Diskutieren und hin und her: Last gleichmässiger verteilen, bis Frick fahren und keinen Kilometer weiter. Und sich nie wieder erwischen lassen. Puh! Noch einmal davongekommen. Ich hatte zeitweise wirklich nicht mehr daran geglaubt, dass ich wirklich in die Schweiz einreisen darf. Herzlichen Dank an die beiden Schweizer Grenspolizisten. Sie waren wirklich sehr nett und entgegenkommend. Wie hätte das in Deutschland ausgesehen? Will es gar nicht wissen.
Umzug? Nie wieder! Wenn ich dereinst sabbernd im Rollstuhl sitze, dürft ihr mich gerne wieder umziehen, wohin auch immer. Aber aktiv umziehen bitte die nächsten vierzig Jahre nicht mehr, wenns geht!

Freitag, 5. Februar 2010

Die Deutschen sind in der Schweiz momentan nicht so wohlgelitten, wenn man der Schweizer Presse Glauben schenken darf. Nur, dass es den typischen einen Deutschen ja gar nicht gibt. Zum Beispiel ich, wo soll ich mich nun einordnen? Ich besitze einen Deutschen Pass und im Moment nur einen Ausländerausweis B. Das ist noch keine Niederlassungsbewilligung. Um die zu bekommen, muss ich erst einmal 5 Jahre ausharren, ohne mir etwas gravierendes zu Schulden kommen zu lassen und ohne arbeitslos zu werden. Nur, ich fühle mich längstens nicht mehr wirklich als Deutsche. Neben meiner Lebenssituation ist das mit ein Grund, warum ich in die Schweiz gezogen bin. Ich habe noch nie in Deutschland gearbeitet. Meine Sozialabgaben entrichte ich seit über 27 Jahren in der Schweiz. Und, ich rede wie ein Schweizer. Nur ein geübtes Ohr erkennt, dass mein Grunddialekt ein südbadisches Alemannisch ist.
Da besuche ich doch das erste Mal den Hörgeräteakkustiker hier im Ort, weil ich neue Hörgeräte bekommen soll. Ich erzähle ihm, dass ich erst vor ein paar Monaten von Deutschland in die Schweiz gezogen bin. Längeres Schweigen. "Ein Deutschenhasser?", überlege ich mir. Nein, ganz falsch. Als er zuende gedacht hat, fragt er: "Wann sind sie denn nach Deutschland ausgewandert?"
Ich lebe also unerkannt und gehöre doch noch nicht wirklich dazu. Bin gespannt, wie sich das entwickelt. Aber, zwischen zwei Stühlen zu sitzen, ist mir sowieso längstens zur zweiten Natur geworden (so rechtfertigt sich wenigstens mein breiter Hintern:).
Alleinerziehende Mutter, voll berufstätig und nicht grade schlecht bezahlt, Haus selbst gebaut. Wie war das mit der Risikogruppe Nummer eins für Armut sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz (Ha! Eine Gemeinsamkeit).
Irgendwie scheint es bei manchen in der Grenznähe ansässigen Schweizern noch nicht durchgedrungen zu sein, dass die "Ureinwohner" auf der anderen Seite der Grenze einen ähnlichen Dialekt reden wie sie, alemannisch. So kommt es, dass es Leute gibt, die, weil sie wissen, dass ich Deutsche bin, sich fast einen Knoten in die Zunge knüpfen und "Hochteutsch" mit mir reden.
Ist das jetzt drollig oder tragisch?